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Archiv-Artikel

Posse um Penunzen

Chelsea hat hitzige Deals hinter sich und ist nun bereit für den Champions-League-Auftakt gegen Werder Bremen

BERLIN/LONDON taz ■ In der letzten Zeit ist an der Stamford Bridge oft die Rede gewesen von Geld, Loyalität und Stil. Fußball wurde auch ein wenig gespielt. Aber im Mittelpunkt standen Transfers, reibungslose Verschiebegeschäfte auf dem überhitzten Markt des Fußballs und weniger gelungene Handelsabschlüsse. Michael Ballacks Anreise nach London zum FC Chelsea verlief ohne Probleme; am vergangenen Samstag spielte er zum ersten Mal im heimischen Stadion und verhalf seinem Team mit einer recht guten Leistung im offensiven Mittelfeld zu einem 2:1-Sieg über Charlton Athletic. Daran hatte Trainer José Mourinho seine Freude, wie wohl auch am heutigen Spiel seiner Elf gegen den SV Werder Bremen zum Auftakt der Champions League (20.45 Uhr, Premiere).

Erbost hatte ihn indes die Posse um den Verteidiger William Gallas, der bereits im Mai dieses Jahres signalisiert hatte, nicht mehr für den reichen Klub des Russen Roman Abramowitsch spielen zu wollen. Coach Mourinho sah das anders. In einem anderen Teil Londons, im Norden beim FC Arsenal, spielte sich derweil eine ähnliche Posse um Penunzen ab. Ashley Cole, Linksaußen bei den Gunners, wollte weg, vorzugsweise zum Erzfeind des FC Arsenal, zu den Chelsea-Boys. Trainer Arsène Wenger war anderer Meinung. Von einem unansehnlichen Gewürge war das Ringen um die farbigen Spieler gekennzeichnet.

Dann einigte man sich. Gallas ging zu Arsenal, „Cashley“ Cole zu Chelsea. Chelsea musste dem Konkurrenten überdies etwa 7,4 Millionen Euro überweisen, damit der Deal rechtschaffen austariert war. Die Protagonisten des Ringtauschs bemühten sich zu erklären, ihnen sei es nicht ums Geld gegangen, sie hätten vielmehr eine neue Herausforderung gesucht. Was sonst?

Für Mourinho und den FC Chelsea war die Sache mit der Geldüberweisung noch nicht getan. Gallas hatte den schlauen Portugiesen nämlich so sehr gereizt, dass der Klub eine Presseerklärung herausgab, die den juristischen Sachverhalt der üblen Nachrede erfüllen dürfte. Gallas habe Eigentore schießen und Fehler provozieren wollen, hieß es da, und trotz prekärer Personallage habe er sich geweigert zu spielen. Gallas wiederum warf den Blauen, bei denen er immerhin fünf Jahre gegen den Ball getreten hatte, schlechten Stil vor. Wie dem auch sei, Mourinho hat sich wieder so weit gefangen, dass er seinem Metier nachgehen kann, der taktischen Spielverfeinerung.

Ashley Cole verstärkt nun also Chelseas linke Seite, die mit Wayne Bridge als Schwachstelle gilt. Bislang hielt Mourinho am 4-3-3-System fest, doch mit dem Überangebot an fähigen Mittelfeldspielern – neben Ballack der starke Frank Lampard, Claude Makelele, Michael Essien und John Obi Mikel – ist auch eine 4-4-2-Variante denkbar, mit vier Mittelfeldspielern und Didier Drogba sowie Andrej Schewtschenko im Angriff. Den Sturm verstärkt Salomon Kalou, ein Mann von der Elfenbeinküste, Landsmann von Drogba und zuletzt bei Feyenoord Rotterdam tätig (15 Tore in 34 Spielen). Für seinen liquiden Arbeitgeber hat der Neueinkauf noch nicht getroffen, Schewtschenko dagegen schon.

Der Ukrainer gehört ja seit ein paar Wochen zum Portfolio des englischen Meisters. Es war im Gegensatz zum Gallas-Gezeter ein Deal ohne größere Komplikationen. Der FC Chelsea musste nur 58 Millionen an den AC Mailand überweisen. Ein Klacks. Denn Roman Abramowitsch hat seit seiner Inbesitznahme des FC Chelsea über 400 Millionen Dollar in neue Spieler investiert.

MARKUS VÖLKER